NATO -Späher im Vorfeld"

 Sonderdrucke&Infos


Oberstleutnant a.D. Horst Liebig
"NATO -Späher im Vorfeld"

NATO-Aktionen an der Staatsgrenze der DDR Fakten, Vorkommnisse und Provokationen

 

Als 1949 die NATO gegründet wurde, trennte in Deutschland die britische und die US-amerikanische Besatzungszone von der sowjetischen Besatzungszone die Demarkationslinie, kurz DL genannt. Sie fußte im Wesentlichen auf den Festlegungen und Markierungen für die Grenzen der deutschen Länder im Rahmen des Deutschen Reiches. Deutschland war in vier verschiedene Verwaltungszonen eingeteilt. In den jeweiligen Besatzungszonen hatten die zuständigen Besatzungsmächte die Oberhoheit über alle politischen, ökonomischen und alle staatlichen Verwaltungsaufgaben. 
Ihnen oblag auch die Sicherheit und Ordnung an der DL, die Kontrolle des Waren- und Personenverkehrs sowie alle anderen diesbezüglichen Fragen. Zu diesem Zweck setzten die Besatzungsmächte Soldaten ihrer Streitkräfte an der DL ein. Diese Militärpersonen wurden von Anfang an von deutschen Hilfskräften und Polizeieinheiten unterstützt, so in der sowjetischen Zone von Angehörigen der 1946 gebildeten Grenzpolizei, in der US-Zone von den Polizisten der Bayerischen Landesgrenzpolizei und der Hessischen Grenzpolizei, und in der britischen Zone war es der deutsche Zoll, der den Kräfte des britischen FCS ( British Frontier Service) - bestehend aus Personal der Britischen Rheinarmee - zur Seite stand. 1949 sicherten die Demarkationslinie in der US-Zone das 2nd Armored Cavalry Regiment (ARC), das 6th und 14th ARC. Bei den ARC handelte es sich um Panzeraufklärungsregimenter. 
In allen Besatzungszonen hatten die jeweiligen Besatzungsmächte die alleinige militärische Befehlsgewalt an der DL. Mit der Bildung der NATO waren diese US-Streitkräfte und die Britische Rheinarmee Teil dieses aggressiven und größten westlichen Militärbündnisses geworden. Sie standen stets Gewehr bei Fuß und auch oft Gewehr im Anschlag den sowjetischen Soldaten und den deutschen Grenzpolizisten Auge in Auge gegenüber. Diese NATO-Soldaten zeigten bei Provokationen und feindlichen Anschlägen an der DL und dann an der späteren Staatsgrenze ihr wahres Gesicht.

 

Von Grenzprovokationen bis zum feigen Mord

 

Daten und Fakten, verzeichnet in den Tagesmeldungen des Kommandos der Grenztruppen der DDR, der Grenzdatei des MfS oder den Grenzmeldungen des Bundesgrenzschutzes, geben hieb- und stichfest Auskunft über Handlungen von NATO-Soldaten an der Demarkationslinie und der späteren Staatsgrenze der DDR. Darüber wurde kaum in den westlichen Medien berichtet, passten sie doch nicht zum Image über die westliche, freiheitliche Verteidigungsgemeinschaft.

Schon in den ersten Jahren der Existenz der NATO traten Angehörige der US-Truppen feindlich auf. So wurden am 3, Mai 1950 von Grenzpolizisten der DDR des Grenzkommandos Lauchröden im Zusammenwirken mit sowjetischen Soldaten vier US-amerikanische Soldaten mit zwei Jeeps wegen unberechtigten Befahrens der Auto-bahn bei Wartha festgenommen.

Am 7. Mai 1950 wurde durch das sowjetische Kommando Motzlar, Kreis Bad Salzungen, die Besatzung eines Funk-Jeeps, die die Grenze überfahren hatte, festgenommen.

Zwei US-Panzer und mehrere Jeeps manövrierten am 7. Juli 1950 an der Grenze gegenüber dem DDR-Kommando Oberzell. Dabei richteten die Panzer ihre Kanonen auf unser Gebiet. 
Am 18. August 1950 überfuhren zwei US-Jeeps mit 9 Mann Besatzung zwischen 09.00 und 10.00 Uhr die Staatsgrenze im Bereich des Kommandos Buttlar. Sie drangen ca. 150 Meter in das DDR-Gebiet ein. 

Im Bereich des Grenzkommandos Vacha an der Werra-Brücke erschienen am 11.November 1950 gegen 9.45 Uhr zwei Jeeps mit sieben US-amerikanischen Soldaten. Drei von ihnen betraten das DDR-Gebiet. Zur gleichen Zeit fiel ein Schuss.

Derartige Meldungen aus dieser Zeit über NATO-Aktivitäten an der Staatsgrenze sind in den Archiven zu Hunderten vermerkt. Dazu kommen noch Tausende Meldungen über Provokationen des Bundessgrenzschutzes, des Zolldienstes und von Zivilpersonen.

Doch es kam noch schlimmer.

Im Buch "Opfer deutscher Teilung/Beim Grenzschutz getötet" von Frotscher/Liebig, GNN Verlag, ist der folgende schwerwiegende Vorfall geschildert: "Ein fahles Licht lag über der Landschaft um Pferdsdorf, Kreis Eisenach. Es war der 21 Februar 1951. Frostklamm waren die Hände der beiden Grenzer, Wachtmeister Liebs und Schulze, die an der Grenze patrouillierten. Ihre Karabiner geschultert, beobachteten beide den ihnen anvertrauten Abschnitt. Bis zu dieser Stunde war ihr Dienst ruhig verlaufen. Besondere Vorkommnisse und Beobachtungen waren im Postenbuch noch nicht notiert. Sie waren gerade am Pferdsdorfer Kopf angelangt. Die Uhr zeigte 17.40, als die Grenzpolizisten einen Jeep mit Kennzeichen der US-Armee bemerkten, der unmittelbar an der Grenzlinie hielt. Herbert Liebs, der Postenführer, entschloss sich zu prüfen, was die US-Soldaten an der Grenze machten. Die Grenzstreife näherte sich der Grenzlinie bis auf etwa sieben Meter, als das Fahrzeug mit aufheulendem Motor davonfuhr. Fast im gleichen Moment fielen zwei Schüsse auf westlicher Seite. In einem 20 Meter entferntem Gebüsch auf dem Territorium der BRD saßen die Schützen.

Die Schüsse trafen Herbert Liebs in die Brust. Er brach zusammen. Wachtmeister Schulze lief, um schnellsten Hilfe zu holen. Währenddessen drangen mehrere in US-Uniformen gekleidete Personen aus dem Gebüsch hervor und betraten widerrechtlich das Gebiet der DDR. Sie versuchten, den sterbenden Grenzpolizisten auf das Territorium der BRD zu zerren. Doch die durch Wachtmeister Schulze herbeigerufene Hilfe verhinderte durch Warnschüsse diese Verschleppung. Die Täter wollten wahrscheinlich damit ihre ruchlose Mordtat verschleiern, um später behaupten zu können, der DDR-Grenzpolizist sei auf das westliche Gebiet vorgedrungen und dann dort beim Fluchtversuch erschossen worden. 

Herbert Liebs erlag wenig später im Hause des Lehrers Jahn, der in der Nähe des Tatortes wohnte, und wohin man den Schwerverletzten gebracht hatte, seinen tödlichen Verletzungen."

Wenige Tage danach drangen in der Nähe des Schauplatzes dieses hinterhältigen Verbrechens am 28. Februar 1951 gegen 12.30 Uhr im sowjetischen Kommandobereich Ifta US-amerikanische Soldaten am Schlagbaum Kasseler Straße in die DDR ein. Sie versuchten zwei sowjetische Soldaten vom Kommando Ifta und zwei Grenzpolizisten des Grenzkommandos Pferdsdorf in die US-Zone zu locken. Als dieser Anschlag misslang, fuhren sie mit einem Jeep ins Hinterland der US-Zone der BRD zurück. 

Am 1. März 1951 überschritten abermals US-Soldaten am Schlagbaum Köpfchen gegen 15.30 Uhr die Staatsgrenze. Ihr Ziel war es erneut zwei Volkspolizisten in ihre Gewalt zu bringen. Da sie keinerlei Erfolg verbuchten, zogen sie sich nach 15 Minuten wieder zurück.. 

Im Buch "Opfer deutscher Teilung/Beim Grenzschutz getötet" liest man: "Nur wenige Tage nach dem Mord an Herbert Liebs geschah erneut eine ungeheuerliche Bluttat. Im kleinen Ort Wildeck-Obersuhl in der BRD stand unmittelbar an der Grenze das Haus Nummer 43. In diesem Haus wohnte damals ein Mann namens Eisenberg. Über seine Person munkelte man, er lebe von Schiebungen und anderen unlauteren Geschäften.

Tatsache war, er konnte vieles beschaffen, was auf beiden Seiten der Grenze gebraucht wurde. Die Lage des Hauses begünstigte das. Die meisten Waren stammten aus den Kasinos der US-Armee. Am 2. März 1951 hatte Eisenberg wieder einmal Besuch von zwei männlichen Personen, die US-Uniformen trugen. Dorfbewohner berichteten, dass Eisenberg ihnen bereitwillig seine Tür öffnete und sie hereinließ. Was dort in dem Haus verhandelt und beschlossen wurde, ist nie bekannt geworden... 

Ungefähr zwölf Meter von der Grenze entfernt befanden sich etwa zur gleichen Zeit auf dem Gebiet der DDR die beiden Grenzpolizisten Wachtmeister Werner Schmidt und Heinz Janello. Die im Schnee festgestellten deutlichen Spuren ließen später unzweifelhaft erkennen, dass offensichtlich hier auf DDR-Territorium ein Kampf stattgefunden hatte. Im Verlaufe der Auseinandersetzungen müssen die zwei Grenzpolizisten überwältigt und in die BRD verschleppt worden sein. 

Wie sich dieser Überfall wirklich abgespielt hatte, konnte nie aufgeklärt werden. Die später eiligst in Umlauf gebrachten Behauptungen des US-Hauptquartiers in Westdeutschland und die daraufhin in die Welt gesetzten Lügen und Verleumdungen der BRD-Presse und der Radiostationen besagten, die zwei Grenzpolizisten seien im Verlaufe eines Feuergefechts erschossen worden.

Doch die Tatsachen widerlegten das klar und eindeutig. Es konnten nämlich keine Beteiligten genannt werden, außer den Opfern, und die waren tot. Niemand konnte den Schauplatz des angeblichen Feuergefechts angeben. Es gab auch keine Zeugen. 

Am fünften März 1951 mussten notgedrungen die zwei Leichname der getöteten Grenzpolizisten, ihre Waffen und Ausrüstung von den US-Behörden an die sowjetische Besatzungsmacht und die Grenzpolizei übergeben werden. 

Bei den Untersuchungen durch die Volkspolizei stellte sich heraus: Aus keiner Waffe - Karabiner 98 - war ein Schuss abgegeben worden. Die dazugehörende Munition war vollzählig vorhanden. Und die Obduktion der Opfer ergab: Wachtmeister Werner Schmidt wurde durch einen stumpfen Gegenstand niedergeschlagen und daraufhin durch einen Nahschuss in die Brust getötet. Heinz Janellos Tod war durch zwei Schüsse in den Rücken verursacht worden, die er offenbar erhielt, als er sich vor den Mördern retten wollte. Die Person, die genaue Angaben über den Tathergang hätte machen können, der gewisse Eisenberg, blieb seit dem Doppelmord verschwunden." 

In dem 1999 erschienenen Buch "Grenzerfahrungen, Bayern - Thüringen 1945 - 1971 von Schätzlein, Rösch und Albert heißt es zu dieser schweren Grenzprovokation: 
"Eine verwirrende Geschichte erschließt sich da aus der Aktenlage. Viele Dinge werden kontrovers dargestellt, teilweise durch die Ost-West-Brille bedingt, teilweise wahrscheinlich auch durch Ermittlungsschwierigkeiten der DDR-Ermittler, die den Tatort nicht einsehen konnten und in ihren Darstellungen des Tatherganges... auf Hörensagen angewiesen sind. 

Folgendes scheint jedoch festzustehen: Seit der Tötung von Wachtmeister Liebs bei Pferdsdorf am 21.2.1951 vollzieht sich eine Kette von Provokationen östlicher Grenzorgane durch US-amerikanische Armeeangehörige. Die Tat geschah auf dem Gebiet der Bundesrepublik vor oder im Haus 43 in Obersuhl. Die Tötung erfolgte ohne aktive Gegenwehr durch Schmidt und Janello. Eine Verfolgung oder gar Ahndung der Tat auf westlicher Seite ist nicht aktenkundig." 

In dem Buch "An der Grenze der Freiheit" von dem ehemaligen BGS-Offizier Hans-Jürgen Schmidt, Border -History-Verlag 2005, erfährt man zu dieser Mordsache noch folgendes: "Am 2. März 1951 dringen zwei Angehörige der in Bad Hersfeld stationierten 14 th US-Cavalry / Constabularry im Rahmen ihrer Streifentätigkeit in ein in unmittelbarer Grenznähe liegendes Wohnhaus der Familie Gliem in Wildeck-Obersuhl ein, um zwei dort befindliche uniformierte und bewaffnete Angehörige der ostzonalen Grenzpolizei festzunehmen.... Bei ihrem Fluchtversuch und, da sie auf die Aufforderung der amerikanischen Soldaten nicht schnell genug die Hände hoben und ihre Waffen ablegten, schossen die Amerikaner und verletzten beide so schwer, dass sowohl der Wachtmeister Werner Schmidt als auch der Wachtmeister Heinz Janello ihren Schusswunden erlagen... 

Aufgrund der Ermittlungen der US-Militär- und Kriminalpolizei sowie des nachfolgenden Militärgerichtsverfahren in Karlruhe wurden die US-Angehörigen wegen Notwehr freigesprochen und in die USA zurückkommandiert."

In einem schriftlichen Bericht des Chefinspekteurs Seifert, der Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei, Hauptabteilung G, an die sowjetische Kontrollkommission, dem Leiter der Abteilung für administrative Angelegenheiten, Oberstleutnant Ljulka vom 5. März 1951 heißt es unter anderem: "Die inzwischen weitergeführten Ermittlungen ergaben folgende neue Feststellungen: ... Festgestellte Spuren von amerikanischen Jeep-Fahrzeugen in unmittelbarer Nähe des Tatortes bis ca. 120 Meter auf dem Territorium der DDR. Diese Spuren enden an unserem dort befindlichen Schlagbaum. Bei Begehung des Tatortes waren deutliche Spuren unserer Volkspolizisten zu erkennen. Zu diesen Fußspuren traten ca. 120 Meter vor der D.-Linie auf dem Territorium der DDR weitere Spuren auf, hervorgerufen durch Ami-Gummischuhe und eine Hundespur. Alle vier Spuren führten bis 6 Meter vor das Gartengrundstück des Tatorthauses (12 m ostwärts der D.-Linie)... Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich ein grüner Lattenzaun vor dem, und durch die Bevölkerung bestätigt, sich eine längliche Blutlache befindet. 

Nach Auswertung der getroffenen Feststellungen wurden die Volkspolizisten an dieser Stelle ermordet. Die Volkspolizisten wurden nach ihrem Ableben von den amerikanischen Soldaten durch Schmutz und Dreck geschleift, was an Augen und Mundhöhlen, die vollkommen mit Dreck verschmiert waren, deutlich zu erkennen war. Abschließend ist noch erwähnenswert, dass für diesen Abschnitt ein und dieselbe Einheit der US-Armee verantwortlich zeichnet."

In diesem Kontext ist hervorzuheben. Die an der DL und dann später an der Staatsgrenze handelnden US-Soldaten, ob Angehörige der ACR (Panzeraufklärungsregimenter) oder anderer US-Militäreinheiten, waren Angehörige der NATO-Streitkräfte. Schon damals war klar zu erkennen, all diese Gewaltakte und Provokationen der NATO-Kräfte geschahen in der Absicht, die Gegenseite herauszufordern und zu verunsichern.

Es sollte erkundet werden, was die andere Seite sich alles bieten lässt. Grenzverletzungen und Unruhe sollten an der Grenze und im Grenzgebiet etwas Alltägliches, völlig Normales sein, um die Wachsamkeit einzuschläfern und 
Spielraum für noch weitergehende Provokationen zu gewinnen.

 

Der verlängerte Arm der NATO

 

Wenn man sich mit den Handlungen der NATO-Kräfte an der Trennlinie zwischen Sozialismus und Imperialismus beschäftigt, kommt man auf keinem Fall umhin, sich mit dem Bundesgrenzschutz (BGS), seinen Zielen und Aufgaben zu befassen.

Am 16. März 1951 beschloss der Deutsche Bundestag das "Gesetz über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden".

Damit schufen sich die machtausübende, politisch-reaktionäre Kaste Westdeutschlands nach ihrer totalen Niederlage 1945 erneut bewaffnete Kräfte. Von hochdekorierten faschistischen Militärs, erfahrenen SS- und nazistischen Polizeioffizieren geführt, im Geiste des deutschen Militarismus und des Antikommunimus ausgerichtet, entstanden im Prinzip die ersten Kadereinheiten der Bundeswehr unter dem Deckmantel des "Grenzschutzes". 
Die Entwicklung des BGS in den 50´er Jahren belegt unwiderruflich, das ihm die Aufgabe gestellt war, "den vorprogrammierten Aufbau der Bundeswehr vorzubereiten; " die progressiven Kräfte in der BRD niederzuhalten und von "systemgefährdenden" Aktionen abzuschrecken; " als Konfliktpotential im "NATO-Vorfeld" an der Staatsgrenze der DDR zu agieren.

Der BGS war damals ein wichtiger Bestandteil des militärischen Potentials der BRD. Nach der Bundeswehr war er das bedeutendste bewaffnete Machtinstrument der Bonner Regierung und stellte sozusagen die zweite Armee dieses Staates dar. Er war mit seinen Hauptkräften an den Staatsgrenzen der DDR und zur CSSR disloziert und erfüllte, wie es in NATO-Kreisen hieß, Aufgaben "an der Front in Mitteleuropa". 

Mit der bundeswehrorientierten Bewaffnung und Ausrüstung des BGS sowie seiner gefährlichen antikommunistischen Ausrichtung des Personals hatte sich die BRD unmittelbar an der Grenze zu den Staaten des Warschauer Vertrages ein modernes militärisches Eingreifpotential für die verschiedensten Einsatzbedingungen geschaffen. Der BGS war an der Staatsgrenze zur DDR und zur CSSR von Anfang an vorwiegend in das militärische Aufklärungs- und Überwachungssystem der grenznah dislozierten NATO-Streitkräfte und auf diese Weise in die Aggressionsvorbereitungen einbezogen. 

Obwohl der BGS formal gesehen nicht der militärischen Kommandogewalt der NATO unterstand, war entsprechend der NATO-Vorwärtsstrategie vorgesehen, ihn schon in solchen Situationen einzusetzen, in denen die Streitkräfte der NATO noch nicht in "Aktion" getreten sind.

Das war ein politisch-diplomatischer und auch militärischer Trick. Dadurch wollte man sich Spielräume freihalten, um militärische Aktionen unterhalb der Schwelle eines Krieges durchführen zu können.

In den jährlichen Veröffentlichungen des Londoner Institute für strategische Studien wurde der BGS immer zu den militärischen Verbänden der NATO gezählt.

Auch in den jährlichen Kräftevergleichsstudien der NATO und des Londoner Institutes für strategische Studien wurde der BGS stets eindeutig als militärischer Verband bezeichnet. 

Dem BGS oblagen im Falle eines Krieges der NATO gegen die sozialistische Staatengemeinschaft konkrete militärische Aufgaben. Er war festgefügter Bestandteil der aggressiven Gesamtkonzeption der NATO. Das war in den Militärweißbüchern der BRD 1971/72 und 1973/74 relativ offen dargelegt: "Im Kriegsfall löst das Territorialheer in Zusammenarbeit mit zivilen Behörden, dem BGS und der Polizei folgende Aufgaben: 


" Aufrechterhaltung der Operationsfreiheit aller NATO-Einsatzverbände auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland; 
" personelle und materielle Ergänzung der deutschen Verbände." ("Weißbuch 1971/72...")

Im Einzelnen wurde für den BGS hierbei u.a. folgende Aufgaben festgelegt:


" Nachschubstraßen, Flugplätze, Fernmeldezentralen und wichtige Versorgungsobjekte militärisch zu sichern, 
" zerstörte Brücken und Straßen wieder herzustellen,
" Kampfhandlungen gegen "durchgebrochene gegnerische Truppen bzw.
"partisanenmäßig kämpfende Banden" zu führen.

Aus diesem Grunde wurde der BGS in die Planung der NATO-Führung einbezogen und der BGS-Etat als Bestandteil der gesamten "Verteidigungsleistungen" der BRD gerechnet. Wegen all dieser eindeutig militärischen Aufgaben und Funktionen des BGS wurde dem Bundesgrenzschutz beizeiten durch den Deutschen Bundestag der Kombattantenstatus verliehen. Damit wurde die militärische Funktion des BGS gesetzlich unterstrichen und bekräftigt, dass die Angehörigen dieser Truppe im Kriegsfall denen regulärer Armeeeinheiten gleichgestellt sind.

"NATO-Späher im Vorfeld"
"Zünder zum Konflikt"
"Truppen des ersten Schusses"...

...so sah sich der Bundesgrenzschutz in den fünfziger und sechziger Jahren selbst. In dem damaligen offiziellen Organ des BGS "Parole" und der Zeitschrift des Grenzschutzverbandes "Grenzjäger" tauchten in den Publikationen immer wieder diese Slogans auf.

 

"NATO-Späher im Vorfeld"


Bereits unter Friedensbedingungen löste der BGS an der Staatsgrenze zur DDR und CSSR Aufgaben, die ausschließlich militärischen Zweckbestimmungen unterlagen.

Dazu gehörte vor allem die umfangreiche Aufklärungstätigkeit, die als eine Hauptaufgabe der "Grenzschutztruppe" im engen Zusammenwirken mit den Aufklärungskräften der US-Armee - hier vornehmlich mit den ACR der US-amerikanischen Panzeraufklärungsregimenter, der Britischen Rheinarmee - hier den BFS den British Frontier Service, der Bundeswehr und Bundesmarine durchgeführt wurde. 

In enger Koordinierung mit den genannten Aufklärungskräften der NATO wurde durch die an der Staatsgrenze zur DDR dislozierten Einheiten des BGS eine mit modernsten technischen Mitteln ausgerüstete umfangreiche und intensive Truppenaufklärung des unmittelbaren Grenzgebietes der DDR bei Tag und Nacht vorgenommen.

Sie erfolgte während des täglichen Streifendienstes und den Grenzüberwachungsflügen mittels BGS-Hubschrauber.

Die im Tätigkeitsbericht des BGS für 1981 veröffentlichten Angaben über die "Grenzüberwachungstätigkeit" an der Staatsgrenze zur DDR und CSSR belegen zumindest andeutungsweise die hohen Aktivität es BGS: 

"1981 38 501 kombinierte Fuß- und Kfz-Streifen;
1 532 Grenzüberwachungsflüge mit Hubschraubern bei einer Gesamtflugzeit von 3 562 Flugstunden; 
149 Bootsstreifen auf grenznahen Binnengewässern;
930 Patrouillenfahrten auf der Ostsee mit insgesamt 57 204 Seemeilen".

Die Ergebnisse dieser Spionagetätigkeit des BGS wurden den zuständigen NATO-Stäben übermittelt und auch bei Einweisungen von Militärpersonal aus NATO-Armeen an der Staatsgrenze zur DDR genutzt.

Einen äußerst aufschlussreichen Hinweis auf den Zweck des Zusammenwirkens von US-Armee/NATO und BGS gab der Oberleutnant der US-Armee Butto in seinem Bericht über koordinierte Aufklärungshandlungen: 

"Unsere Einheit - die 2. Schwadron des11. Cavalry-Regimentes - kontrolliert zur Zeit das Grenzgebiet. Patrouillen des BGS tun im Grunde den gleichen Dienst. Regelmäßig führen wir gemeinsame Kontrollen mit ihnen durch. So werden wir, einer wie der andere, mit den Operationen des anderen vertraut.

Wenn der Augenblick kommen sollte, dass wir beide... jenseits der Grenze reagieren müssen, dann wollen wir und die Westdeutschen sicher sein, dass einer vom anderen weiß, was er tut." 
("Soldiers", November 1973)

Im Sinne einer engen Kooperation und Koordinierung erfolgten auch die häufigen Visiten von Stabsoffizieren der NATO aus den verschiedensten Kommandobereichen beim BGS. Bei diesen Zusammenkünften und konkreten Absprachen wurden die Schwerpunkte der gemeinsamen Land- Luft- und Seeaufklärung festgelegt, das Zusammenwirken mit den Aufklärungskräften der US-Armee, der britischen Rheinarmee, der Bundeswehr und der Bundesmarine präzisiert und neueste Ergebnisse der Aufklärung des militärischen Sperrgebietes der DDR an der Staatsgrenze zur BRD ausgetauscht. 

Diese NATO-gelenkte militärische Aufklärung an der Staatsgrenze zur DDR hatte nichts mit einer völkerrechtlich legitimen Kontrolle des Geschehens an der Grenze zwischen zwei souveränen Staaten gemein.

Sie war voll und ganz den militärischen Interessen der NATO untergeordnet und stellte einen ernsten Verstoß gegen die Schlussakte von Helsinki dar.

Und das um so mehr, als sich die NATO-Militärs bei diesen "Grenztreffen" mit dem BGS gegenseitig bescheinigten, dass diese Staatsgrenze angeblich nur eine "unnatürliche Trennungslinie", lediglich eine "Demarkationslinie" sei. 

Damit standen diese Partner eindeutig außerhalb abgeschlossener Staatsverträge und unterstrichen ihre aggressive, gegen die Staaten des Warschauer Vertrages ausgerichtete Gesinnung.

 

"Zünder zum Konflikt"


Für den Bundesgrenzschutz ergab sich eine spezielle militärische Aufgabe im Kontext mit der in der strategischen Konzeption der NATO vorgesehenen "verdeckten Kriegführung", also des Einsatzes von Truppen unterhalb der Schwelle der offenen Aggression sowie bei begrenzten Aggressionshandlungen an der Grenze.

Der BGS sollte dabei in den Kriegsvorstellungen der NATO-Planungen die Funktion eines "Polizeipuffers" zwischen den 
NATO-Armeen und den Armeen des Warschauer Vertrages ausüben. Das bedeutete, dass der BGS entsprechend den Grundsätzen der NATO-Vorwärtsstrategie " schon in solchen Kriegsphasen" eingesetzt werden 
kann, "in denen die NATO-Truppenteile noch nicht in Aktion treten". ("Die Parole" Heft 4/1971) 

Diese Stufe der militärischen Aggression und Eskalation sollte bei einer "Verschärfung" der Grenzlage Anwendung finden, wobei Kräfte "nicht unter der Stärke einer Grenzschutzabteilung" zum Einsatz vorgesehen waren. 
In den diesbezüglichen Festlegungen der BGS-Führung - nach Absprache mit der NATO - wurde diese Form der Kriegführung mit "Einsatzstufe Grenzschutz" bezeichnet, bei der es für den BGS "bis zur denkbaren Verwicklung seiner Verbände in Kampfhandlungen mit feindlichen Streitkräften kommen könnte". 

Diese in führenden NATO-Kreisen auch als "Vorfeldfunktion" bezeichneten Handlungen des BGS hatten eine wahrlich breite Skala. Sie reichte von Provokationen mit Waffengewalt bis zu örtlichen begrenzten Aggressionshandlungen.

Die Möglichkeit, dass der BGS zu derartigen Aktionen zunächst ohne direkte Beteiligung der Bundeswehr(NATO) bzw. anderer NATO-Armee eingesetzt werden könnte, gewann angesichts der Schlussfolgerungen der NATO aus dem Nahostkrieg 1973 an aktueller Bedeutung.

Also "Zünder zum Konflikt". 

Dem Geist der zwischen der DDR und der BRD im Interesse des friedlichen Nebeneinander abgeschlossenen Verträge grob widersprechend, waren die vom BGS selbst durchgeführten bzw. geduldeten Provokationen.

Im Gegensatz zur Entspannung und im Interesse der Rückkehr zu einer Politik der Konfrontation kam es in den 70 er Jahren zu einer Reihe von schweren Anschlägen gegen die Staatsgrenze der DDR. 

Bilder bezeugen es: Grenzsäulen der DDR hakenkreuzbesudelt, beschädigt, gesprengt; zerstörte und beschädigte Grenzsicherungsanlegen; provokatives Eindringen in das Hoheitsgebiet der DDR, in ihre Hoheitsgewässer und ihren Luftraum;

Bedrohen der DDR-Grenzposten mit Schusswaffen und letztendlich Versuche der Kontaktaufnahme zu Angehörigen der Grenztruppen und die Aufforderung zur Fahnenflucht. Breit war die Palette solcher feindlicher Handlungen.

 

In diesem Zusammenhang sei nur an zwei schwere Grenzprovokationen durch den BGS erinnert. 

Am 14. August 1962 erschoss der BGS-Angehörige, Grenzoberjäger Plüschke, im Raum Wiesenfeld den sich auf dem Territorium der DDR befindlichen Hauptmann der Grenztruppen, Rudi Arnstadt. Die Staatsanwaltschaft Fulda/BRD befand dazu: Grenzoberjäger Plüschke der "den tödlichen Schuss auf Arnstadt...abgegeben hat", handelte aus "Notwehr". 

In einer am 16. August 1962 dem Bonner Auswärtigen Amt übergegebenen Protestnote des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR hieß es: "Nur dem disziplinierten Verhalten und dem Verantwortungsbewusstsein der Grenztruppen der Deutschen Demokratischen Republik ist es zu verdanken, dass es nach diesem schweren Anschlag des westdeutschen Bundesgrenzschutzes auf die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik nicht zu einem bewaffneten Zusammenstoß kam, der unabsehbare Folgen hätte haben können." 
(Der genaue Tathergang ist im Buch "Opfer deutscher Teilung", GNN Verlag, 2005 geschildert.) 


"Zünder zum Konflikt?"


In seinen "Erinnerungen", (Verlag edition ost, 2008), berichtet der letzte Chef der Grenztruppen der DDR Klaus-Dieter Baumgarten:

"Am 15. Juni 1976 drangen im Sicherungsabschnitt II, 2 850 Meter südöstlich der Ortschaft Kella, zwei bewaffnete Angehörige des BGS etwa 150 Meter in das Territorium der DDR ein.

Die beiden Beamten des Grenzschutzkommandos Mitte wurden aus einem Hinterhalt von zwei Grenzposten gestellt. Nachdem die beiden aufgefordert worden waren, ihre Waffen abzulegen und die Hände zu heben, gingen sie unter Bäumen in Deckung, kamen aber schließlich der beharrlichen Aufforderung nach.

Sie führten eine MPi, ein Gewehr zwei Pistolen und Munition sowie ein UKW-Sprechfunkgerät mit sich.

Woher sollten unsere Grenzer wissen, dass sie ihre Waffen nicht einsetzen würden? 

Der Kommandeur des BRD-Grenzschutzkommandos Mitte erklärte im Fernsehen, die Grenzer der DDR hätten seine Leute gekidnapped. Die beiden Beamten besäßen genaue Kenntnis des Grenzverlaufs und hätten darum die Linie nicht überschritten. Das bestätigten die Festgenommen am gleichen Abend im DDR-Fernsehen. 

Allerdings erklärten sie auch, dass sie diese Grenze mit Vorsatz überschritten hätten. Und das nicht zum ersten Male. Es habe sie gereizt. 

Wenn es schon seriöse Grenzbeamte drängte, die Grenze und die dort herrschenden Regeln zu ignorieren - wie groß musste dann erst der Reiz für Provokateure und andere Abenteurer sein?"

Zum Aufgabenfeld des BGS im Rahmen seiner aggressiven äußeren Funktion gehörten gleichermaßen die von ihm organisierten bzw. unterstützten oder geduldeten Provokationen gegen die Staatsgrenze der DDR.

Sie waren eine besonders friedensgefährdende Methode der "Aufklärung". Dadurch sollten vor allem nähere Aufschlüsse - auch unter dem Risiko sich eventuell daraus ergebender militärischer Konflikte - über Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR und dem Verhalten der Grenztruppen der DDR in besonderen Situationen und komplizierten Lagen gewonnen werden. 

Als willfähriges Instrument der NATO wollte man immer wieder testen und ausloten, was sich die andere Seite bieten lässt. 

Den Zünder zum Konflikt hatte man ja dazu in der Hand. Wen wundert es, dass der BGS oft Seite an Seite mit Angehörigen der NATO-Armeen an der Grenze agierte, sich aufführte, als sondierte er bereits das Territorium für künftige Aktionen.


Die genaue Beurteilung aller feindlichen Aktivitäten des NATO-Partners BGS und der zwingenden Logik dieser Handlungen folgend, war der Bundesgrenzschutz dafür militärisch ausgebildet, politisch vorbereitet und technisch ausgerüstet als Truppe des ersten Schusses zu handeln.

Er war dazu fähig und auch willens, mit dem ersten Schuss, gemäß der NATO-Pläne, militärische Konflikte auszulösen und damit die reale Gefahr eines furchtbaren Krieges zwischen den beiden größten Militärkoalitionen herauf zu beschwören. 

Die Geschichte lehrt: Schüsse lösten die beiden schrecklichsten Weltkriege im vorigen Jahrhundert aus. Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajevo war Auslöser für den 1. Weltkrieg. 
Am 31. August 1939 erfolgte die Inszenierung eines angeblich polnischen Überfalls auf den Sender Gleiwitz durch die faschistische SS. Das löste am 1. September 1939 den 2. Weltkrieg aus.

 

NATO-Kräfte im Einsatz an der Staatsgrenze zur DDR

 

Nach dem Kriegsende übernahmen Soldaten der US-Streitkräfte die Sicherung und Überwachung der Demarkationslinie zwischen der US-Besatzungszone und der sowjetischen Besatzungszone auf.

Dazu wurden US-Panzeraufklärungseinheiten in Constabulary (Polizei) Regimenter umformiert. 
Das 2. Armored Cavalry Regiment der USA (2nd ACR), Panzeraufklärungsregiment, übernahm 1951 die Verantwortung für die militärische Grenzsicherung an der Demarkationslinie zur sowjetischen Besatzungszone und dann an der späteren Staatsgrenze zur DDR. Zuvor war dieser Truppenteil als Polizeiregiment im gleichen Grenzabschnitt eingesetzt. 

Dieses Panzeraufklärungsregiment bekam damals seinen Grenzsicherungsauftrag, der bis zum Jahr 1990 gültig war. Es war mit diesem Auftrag direkt dem Präsidenten der USA unterstellt (!). Des weiteren waren auch noch das 11. ACR und das 14. ACR im Grenzeinsatz. Diese ACR unterstanden dem V. bzw. dem VII. US Corps.

Die vordinglichste Aufgabe der ACR bestand darin, militärische Aufklärungsergebnisse über die bewaffneten Kräfte auf östlicher Seite der Grenze zu erzielen. Dabei kam es zu vielen Grenzprovokationen seitens der US-Aufklärer. Der Kommandeur des V. US-Corps erklärte im Juli 1960, dass er absolut unzufrieden sei mit der Situation und dem Beobachtungsaufkommen "zum Fulda Gap" (Fuldaer Graben oder auch Fuldaer Lücke). 

Der Einsatz der US Panzeraufklärungsregimenter erfolgte sehr unterschiedlich. Das 14. ACR organisierte die Aufklärung und Beobachtung der Ostseite aus festen Beobachtungspunkten heraus. Das waren in unmittelbarer Grenznähe fest eingerichtete vier Observation Points (OP): Oscar, India, Romeo und Alpha. Sie waren rund um die Uhr besetzt. Dazu kam das Border Camp Wohlbach. Das 2. ACR sicherte aus Border Camps heraus die Grenze. Border Camps waren Grenzlager, in denen die Angehörigen der diensttuenden Schwadronen (Bataillone) stationiert waren. Solche Camps existierten unter anderem in Coburg, Hof, in der Nähe von Grafenwöhr und Amberg.

Dem Buch "An der Grenze der Freiheit" von Hans-Jürgen Schmidt ist der "praktische Ablauf des Grenzdienstalltages" zu entnehmen:

"Eine Aufklärungskompanie wurde für einen Zeitraum von einer bis zu vier Wochen in einen grenznahen Stützpunkt verlegt. Diese grenznahen Stützpunkte waren so festgelegt, dass sie den möglichen Anmarschwegen des Warschauer Paktes gegenüber lagen. Von den Stützpunkten aus wurden motorisierte Streifen eingesetzt, die eine bewegliche Überwachung der Grenze vornahmen.

Ähnlich wie beim BGS dauerte eine Grenzstreife 5 - 8 Stunden. Der Grenzstreifenführer erhielt seinen Auftrag vom S 3 des Bataillons. Unter S 3 ist der Sachbearbeiter `Grenzsicherheit` des Bataillons zu verstehen. Für das Erstellen des Auftrages verwendete der S 3 Informationen der MI sowie von BGS / ZGD und Bayrische Grenzpolizei." 
MI (Military Intelligence Büro) war eine Art Geheimdienst, unterstützte die US-Einheiten an der Grenze mit Informationen und war auch Verbindungsstelle zu den bundesdeutschen Sicherheitsbehörden.

"Nach Rückkehr der Streife erfolgte eine Besprechung bei S 3. Der Streifenbericht wurde dem zuständigen MI-Offizier weitergegeben, der die Informationen an das Lagezentrum übermittelte. Informationen aus der Streifentätigkeit wurden auch den deutschen Behörden zugeleitet. 

Eine Grenzstreife setzte sich personell zusammen aus Streifenführer (Unteroffizier), stellvertretender Streifenführer, zwei Beobachtern, zwei 
Kraftfahrern.

An Waffen und sonstiger Ausrüstung wurden mitgeführt: 2 lMG, 4 Gewehre, 2 bis 4 Revolver, Munition für Handwaffen am Mann, Munition für MG (400 Schuss in versiegelten Behältern), 2 Funkgeräte (20 - 80 km Reichweite), 1 Infrarotgerät, 1 Restlichtverstärker, 2 Jeep M 151.

Von den US-Kräften wurden auch Beobachtungspunkte in unmittelbarer Grenznähe ständig besetzt. 

Im 255 km langen Grenzabschnitt des 11. Regiments befanden sich 3, entlang des fast 800 km langen Grenzabschnittes des 2. Regiments 13 dieser ständig besetzten Beobachtungspunkte. Der Dienst an einem Beobachtungspunkt, der in der Regel nur ein Holzgerüst war, dauerte 24 Stunden und wurde von einer 4-Mann-Besatzung durchgeführt. Nach 1,5 Stunden hatte jeder eingeteilte Posten Ruhe." 

Insgesamt gab es 31 Beobachtungspunkte der US-Streitkräfte an der Staatsgrenze zur DDR.

Die motorisierten Grenzstreifen - das ist hundertfach fotodokumentarisch festgehalten - bewegten sich oft provokatorisch an der Grenze, in dem sie ihre Waffen, meist die MG, auf die Grenzsoldaten der DDR richteten. 

In vielen Fällen waren auch bewegliche Grenzpatroullien mit Schützenpanzerwagen im Einsatz. Dabei fuhren diese SPW mit voller Fahrt auf die Staatsgrenze zu und bremsten erst unmittelbar an der Grenzlinie. 

In seinem Buch "... allzeit treu zu dienen", Seite 109/110, schildert Major a. D. Gerhard R. Lehmann eine Provokation, deren Ausgangspunkt der Observation Point Alpha in der Nähe der Ortschaft Grüsselbach war. Diese OP waren oftmals Ausgangspunkte für Provokationen und Grenzzwischenfälle, ausgelöst durch NATO-Kräfte, denn die handelnden Soldaten gehörten zur NATO. Auch hier wollte man die DDR-Seite testen und immer wieder ausloten, was wir uns bieten ließen.

Die Luftaufklärung führten ebenfalls die ACR mit Hubschraubern durch. Sie hatten einen Bestand von 4 600 Mann, 530 gepanzerte Kettenfahrzeuge (Panzer, Schützenpanzer, Panzerartillerie), 1 600 Radfahrzeuge und 74 Hubschrauber.

Bei der Luftaufklärung durch US-Hubschrauber kam es zu vielen Luftraumverletzungen der DDR. Die Hubschrauber drangen in den Luftraum der DDR ein, kürzten die Fluglinie ab, in dem sie Grenzvorsprünge oder auch Einbuchtungen überflogen. 

Im Norden, an der Staatsgrenze der DDR zur BRD, in der ehemaligen britischen Besatzungszone, sicherten Einheiten der Britischen Rheinarmee mit speziellen Kräften des BFS, British Frontiers Service, als Organ der NATO die Grenze zur DDR. 

Die Grenzstreifen der Britischen Rheinarmee waren motorisiert und fuhren auch mit gepanzerten Fahrzeuge an der Grenze entlang. Dabei richteten auch sie ihre Waffen schussbereit auf unsere Grenzsoldaten. Die Patrouillen des BFS und anderer Einheiten der britischen Rheinarmee fuhren mindestens einmal im Monat - bei Spannungsperioden öfters - jeden vorher befohlenen Punkt der Grenze an.

Diese Streifen wurden regelmäßig gewechselt. So erreichte man, dass eine große Zahl britischer Soldaten mit der Lage, den Verhältnissen und geografischen Gegebenheiten an der Grenze vertraut gemacht wurden.

Die schwer bewaffneten und kriegsmäßig ausgerüsteten Grenzstreifen, meist auf gepanzerten Gefechtsfahrzeugen, standen in der Regel unter dem Befehl von Offizieren im Dienstgrad eines Leutnants bis zum Hauptmann. 

Schmidt schreibt: "Auf Grund der gemeinsamen Streifentätigkeit mit den BGS - Verbänden gab es auch auf dieser Ebene einen intensiven Erfahrungsaustausch"( BGS Instrument der NATO).

"Bei Grenzzwischenfällen standen die Angehörigen des BFS dem BGS beratend zur Seite, sodass die Präsenz der britischen Truppen den Soldaten der NVA Grenztruppen / Grenztruppen der DDR stets gegenwärtig war." 
Zur Luftaufklärung flogen Hubschrauber der RAF, der Royal Air Force. Auch diese verletzten in vielen Fällen den Luftraum der DDR. 

Auf der Ostsee waren es dänische NATO-Kriegsschiffe, Schiffe und Boote der Bundesmarine und des Bundesgrenzschutzes, die ständig provozierten. Sie richteten ihre Bordwaffen auf die Boote und Schiffe der Volksmarine oder der Grenzbrigade Küste. Sie fuhren Havariekurse auf unsere schwimmenden Einheiten zu und drehten erst kurz vor dem Zusammenstoß ab. 

Die NATO-Matrosen forderten dabei unsere Seeleute zur Fahnenflucht auf. 

NATO-Flugzeuge machten Zielanflüge auf unsere Boote und Schiffe und flogen in geringer Höhe über sie hinweg.

 

NATO- Spionagetunnel von Altglienicke: aufwendigster Bau des Kalten Krieges



Am 22. April 1956 entdeckten sowjetische Nachrichtenspezialisten in einem Tunnel eine telefonische Abhörzentrale des US-amerikanischen und des britischen Geheimdienstes.

Ort des Geschehens: Alt-Glienicke in (Ost-)Berlin. Spezialisten des amerikanischen und britischen Geheimdienstes hatten eine Haupttelefon- und Telegrafenleitung, die das sowjetische Oberkommando in Wünsdorf mit dem Sitz der Sowjetischen Kontrollkommission in Berlin-Karlshorst und der sowjetischen Botschaft in Berlin verband, angezapft.

Sämtliche Telefongespräche dieser Objekte untereinander und mit der Zentrale in Moskau wurden über diese Kabel geführt und konnten so mitgehört bzw. mitgeschnitten werden. 

Dazu bauten sie einen Tunnel vom Westberliner Ortsteil Rudow bis zur Schönefelder Chaussee in Alt-Glienicke. Das alles lief unter dem Code "Operation Gold". 
Der Stollen hatte eine Länge von 583 Metern und verlief in einer Tiefe von 6 Metern unter der Staatsgrenze. Der Durchmesser der Metallröhre, die dem Tunnel Halt gab, betrug zwei Meter.

Zur Tarnung der Bauarbeiten, und um den Erdauswurf zu verbergen, wurde eine Radaranlage unmittelbar an der Staatsgrenze gebaut. Die großen Lagerhallen dienten der verdeckten Montage der Stahlsegmente und die Erde wurde in Säcken gelagert.

Der Bau des Stollens dauerte 18 Monate und wurde vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA finanziert.

Der Bau dieses Tunnels nebst modernster Abhörzentrale, gehörte zu den aufwendigsten Bauwerken, die damals zur Führung des Kalten Krieges errichtet wurde. 

Die Haupttelefon- und Telegrafenleitung mit ihren Hunderten Adern wurde am 10. April 1955 angezapft. Da ahnten die US-amerikanische CIA und der britische SIS noch nicht, dass der sowjetische Geheimdienst KGB seit 1953 Kenntnis über die Planung und den Bau dieses Spionagetunnels besaß.

Der sowjetische Kundschafter Georg Black, der im britischen SIS in der Abteilung für technische Arbeiten leitend tätig war, hatte beizeiten diese Information an den KGB übermittelt. So wartete der sowjetische Geheimdienst den Bau des Stollens ab und konnte sich auf eine zielgerichtete Desinformation der Amerikaner und Engländer vorbereiten. Während in den Hauptquartieren der CIA und des SIS die Auszeichnung der Geheimdienstspezialisten gehörig gefeiert wurde, legte man in der Moskauer Zentrale den Zeitpunkt für Tunnelbesichtigungen auf den 22. April 1956 fest.

Im Übrigen existierten in Westberlin auch zwei große Stützpunkte der funkelektronischen Aufklärung der US-Streitkräfte.

Der eine befand sich auf dem Teufelsberg im Grunewald. Das war eine Riesenanlage, die noch heute dort unbenutzt steht. Von hier konnten die Amerikaner bis weit in die Sowjetunion hinein spionieren.  Der andere befand sich dicht an der Grenze zur DDR an der Fernverkehrsstraße 101 im Stadtteil Marienfelde 

Diese Anlage wurde 1991/92 in verdächtiger Eile abgerissen.

 

Westberlin NATO-Brückenkopf - oder ?

 

Diese Frage ist so leicht nicht zu beantworten.

Im Groben soll hier der Versuch gemacht werden, darauf zu antworten. 

Zum einem war Westberlin nie Teil der Bundesrepublik Deutschland, es war nie ein deutsches Bundesland wie etwa Bayern oder Hessen. Die Bonner Regierung hatte in Westberlin nichts zu sagen, obwohl sie es immer wieder versuchte, hier Regierungsgeschäfte zu tätigen. Westberlin lag auf dem Territorium der sowjetischen Besatzungszone und später der DDR.

Die politische Oberhoheit oblag den drei Besatzungsmächten.

Westberlin wurde vom Senat regiert und verwaltet, dessen Chef der Regierende Bürgermeister war. 

Zum anderen wurden die Bahnanlagen und Wasserwege von der sowjetischen Besatzungsmacht und dann durch die Regierung der DDR verwaltet.

Die Westberliner Bürger unterlagen nicht der Wehrpflicht der BRD.

Nach der Spaltung Westberlins durch die Westmächte wurde eine "Drei -Mächte-Kommandantur" für Westberlin geschaffen.

Anstelle des früheren Viermächtestatus wurde ein "Drei-Mächte Status" für Westberlin ( Kleines 
Besatzungsstatut) erlassen.

Westberlin war eine besondere politische Einheit.

De jure war Westberlin nicht Mitglied der NATO, doch de facto?

Auch hier wollte man sich die Option offen lassen, unterhalb einer bestimmten Schwelle militärisch handeln zu können, ohne das von vornherein die NATO einbezogen würde.

Die Besatzungstruppen der drei Westmächte wurden aus diplomatischen und rein politisch-taktischen Gründen nicht der NATO unterstellt.

Doch de facto waren die Besatzungskontingente Bestandteil der NATO-Streitkräfte in Europa.

So gehörte die US- Berlin-Brigade zur 7. Feldarmee, deren Stab in Heidelberg (BRD) disloziert war. Bei einem Besuch des Autors dieser Zeilen im SHAPE, das "Suprame Headquarters Alliied Powers Europe", 1992 in Mons in der belgischen Borinage, zeigte uns der Briefingofficer, Bundeswehroberstleutnant Riecke, ein etwas abseits gelegenes Gebäude. Hier saß das Berlin-Kommando. 

Bis zum Mauerfall oder genauer gesagt, bis zum Abschluss des 2 plus 4 Vertrages, war hier der Berlin-Stab mit ständig heißem Draht von Westberlin zum SHAPE etabliert.

Hier war die NATO auf alle Eventualitäten bezüglich Westberlins vorbereitet. Es gab eine Luftbrücke in Reserve, mit startbereiten Flugzeugen auf Flugplätzen und auch auf Feldflugplätzen. 

Die westlichen Besatzungstruppen dienten in Westberlin in erster Linie dazu, die strategische Rolle Westberlins in der aggressiven Anti-Sozialismus-Konzeption der NATO zu sichern, Provokationen an der Staatsgrenze zu unterstützen und auszuführen. 

Provokationen gab es wahrlich genug. 

Fast täglich traten westliche Besatzungsangehörige der drei NATO- Mächte provozierend und mitunter sehr aggressiv an der Staatsgrenze zur DDR auf. Meist kriegsmäßig ausgerüstet mit Stahlhelm fuhren sie mit ihren Fahrzeugen auf die Grenze zu und hielten erst unmittelbar vor der Grenzlinie. Oft richteten sie ihre Waffen auf die diensthabenden Grenzsoldaten der DDR, beschimpften diese und versuchten sie zur Fahnenflucht zu bewegen. Bei größeren provokativen Menschenansammlungen auf der Westberliner Seite, hielten sie sich meist im Hintergrund. 

Ende der fünfziger Jahre baute die US-Berlin-Brigade in Berlin-Lichterfelde-Süd einen Truppenübungsplatz aus, auf dem sie vor allem den Straßen- und Häuserkampf sowie die Zerschlagung von Protestdemonstrationen Westberliner Bürger übte. Dieser Platz lag unmittelbar an der Staatsgrenze zur DDR, im Grenzabschnitt Osdorf/Heinersdorf. Die "Demonstranten" und "Störer" stellten US-Soldaten in Zivil dar. Es handelte sich dabei um militärische Einheiten der US-Armee aus den nahe-liegenden "Mac-Nair-Baracks" in der Lichterfelder Goerzallee.

Das alles geschah in aller Öffentlichkeit. Doch bei den Übungen blieb es nicht.

Viele Male fuhren sie mit ihren Panzern M 60 A1 auf die Staatsgrenze und auf unsere Grenzposten zu. Sie hielten erst dicht vor der Grenze. Dabei bedrohten sie unsere Grenzsoldaten mit ihren Waffen. Oft übten sie auch den Sturmangriff auf unsere Grenze. Mit Drohgebärden, unflätigen Schimpfereien und anderen Provokationen hielten sie sich dabei nicht zurück. Die zum Grenzdienst eingesetzten Kräfte waren nicht in der Lage, Charakter und Absichten dieses Handeln solcher Truppen zu erkennen und zu beurteilen ! 

Ich persönlich habe solches einige Male beobachten können, gehörte doch dieser Grenzabschnitt zur damaligen Grenzabteilung Teltow, in der ich von 1957 bis 1960 als Stellvertreter des Kommandeurs für politische Arbeit meinen Dienst versah. 

Damals nahmen unsere Grenzsoldaten einen US-Soldaten fest, der illegal unsere Staatsgrenze überschritten hatte. Als diensthabender Offizier machte ich die erste informatorische Vernehmung. Der Soldat war in den "Mac-Nair-Baracks" stationiert und bestätigte mir die Ziele dieser Handlungen der US-Einheiten im Häuserkampfobjekt Lichterfelde-Süd. 

Nach 1989, es war Anfang 1991, hatte ich Kontakt zu einem ehemaligen Angehörigen der US-Armee der Berlin-Brigade, der ebenfalls in den "Mac-Nair-Baracks" seinen Dienst versah. Er bereitete seine Doktorarbeit vor, die sich mit der US-Besatzungstruppe in Westberlin beschäftigte. Auch er bestätigte mir den oben er-wähnten Sachverhalt. Da er gut Deutsch sprach, stellte er bei den Übungen meist einen Demonstranten/Störer dar.

 

US-Panzerprovokationen 1961

 

Nach den von den Warschauer Vertragsstaaten vorgeschlagenen und von der DDR beschlossenen und ausgeführten Sicherungsmaßnahmen vom 13. August 1961, nahmen die Provokationen und mitunter auch sehr aggressive Handlungen der Westberliner Besatzungstruppen der drei NATO-Staaten USA, Großbritannien und Frankreich an der Staatsgrenze zur DDR zu. 

Der damalige Stellvertreter des Kommandeurs des Sicherungskommandos des Präsidiums der Volkspolizei Berlin, Hauptmann Günter Ganßauge, berichtet darüber als Augen- und Zeitzeuge: 

"Die Provokationen der US-Panzer vom Oktober 1961 hatten eine Vorgeschichte. Am 23. August 1961 verursachte ein BC-Fahrzeug der US-Besatzungstruppen am Marx-Engels-Platz / Ecke Breite Straße einen Verkehrsunfall. 

BC-Fahrzeuge waren Aufklärungsfahrzeuge, mit denen die Besatzungstruppen der USA Spionage im östlichen Teil Berlins, der Hauptstadt der DDR, durchführten. Diese NATO-Spione fuhren Tag und Nacht und spähten vor allem militärische Objekte der Grenztruppen, der Nationalen Volksarmee und des Ministeriums für Staatssicherheit aus. Gleiche Handlungen erfolgten durch die britischen und französischen Besatzungstruppen. 
Bei dem Verkehrsunfall wurde ein 12-jähriges Mädchen schwer verletzt. Die US-Besatzung beging Fahrerflucht. Zwei Taxifahrer, die den Verkehrsunfall beobachtet hatten, verfolgten das BC-Fahrzeug und stellten es an der Französische Straße / Ecke Friedrichstraße.

Es kam zu einer Ansammlung von etwa 80 Personen, die Situation drohte zu eskalieren. Der zufällig vorbeikommende Hauptmann Ganßauge klärte die Lage vor Ort und geleitete das BC-Fahrzeug zum Kontrollpassierpunkt (KPP) Friedrichstraße / Check Point Charly. Dort erfolgte nach Abgabe eines Protestes die Übergabe der Besatzung an einen US-Offizier.

Unterdessen waren vor dem KPP Friedrichstraße etwa 50 Mann Infanterie, 2 Panzer und 2 SPW der US-Truppen eingetroffen. Sie standen unmittelbar an der Grenze. Nach etwa 2 Stunden normalisierte sich die Lage.

Dieses Vorkommnis bildete seitens der in Westberlin stationierten Besatzungskräfte die Grundlage für eine Eskalation der Lage an der Staatsgrenze der DDR zu Westberlin. Am 24. August meldete die Westpresse: "Angehörige der US-Truppen widerrechtlich in Ostberlin festgehalten." Es wurde mit Konsequenzen gedroht und die unkontrollierte Bewegungsfreiheit dieser Kräfte für ganz Berlin gefordert.

Die Festlegungen der Regierung der DDR für den grenzüberschreitenden Verkehr aller in Berlin stationierten Alliierten über den KPP Friedrichstraße sollten unterwandert werden. 

Ab dem 24. August 1961 begannen die Besatzungstruppen in Westberlin mit demonstrativen, provokatorischen Handlungen, besonders an dem KPP in der Friedrichstraße. Dort ließ die US-Armee wiederholt Panzer auffahren. Wir zählten bis zu zehn Panzer. Dabei kam es zu Grenzverletzungen. Bis zu drei Metern wurde die Grenzlinie überfahren. Die britischen und französischen Besatzer provozierten in ihren Sektoren mit Schützenpanzerwagen. 

Gleichzeitig kam es am 24. August 1961 unter den Augen der US-amerikanischen Militärpolizei zu einem schweren Zwischenfall. Etwa 150 Meter westlich des KPP Friedrichstraße griffen zirka 200 Provokateure die Wachablösung für das sowjetische Ehrenmal in Westberlin Tiergarten an. 
Sie stoppten die sowjetischen Fahrzeuge, einen Bus und einen Pkw. Von den Autos wurden alle Fensterscheiben zertrümmert. Erst dann wurde die amerikanische Militärpolizei aktiv und sorgte für die Weiterfahrt.

Ab 25. August 1961 erfolgte dann die Wachablösung für etwa 4 Wochen mit Schützenpanzerwagen ohne schwere Waffen. 

Zu einer schweren Provokation kam es am 28. August 1961 in der Heinrich-Heine-Straße. 2 US-Panzer drangen bis zu 30 Meter tief in das Gebiet der DDR ein. Während der Prüfung des Sachverhaltes rollten weitere 2 US-Panzer heran.

Ein Offizier und ein Hauptwachtmeister unserer Schutzorgane stellten sich auf die Fahrbahn an der Grenzlinie und zwangen so die Panzer zum Halten. 

Auch an anderen Kontrollpassierpunkten gab es immer wieder ähnliche Provokationen.

Das Ziel der in Westberlin stationierten Besatzer bestand darin, die Festlegungen der Regierung der DDR zu ignorieren und die unkontrollierte Passage auch über andere KPP zu erzwingen. 

An dem KPP Friedrichstraße wurde versucht, in einem Stadtrundfahrtbus US-Bürger ohne Kontrolle einzuschleusen. Die US-Bürger verweigerten die Kontrolle. Der Weiterfahrt wurde nicht stattgegeben. Drei nachfolgende US-Armeebusse blockierten den KPP in beiden Richtungen. Damit war der grenzüberschreitende Verkehr für etwa 1 ½ Stunden unterbrochen. In einem anderen Fall fuhr Anfang September 1961 der Chef der 
US-Militärpolizei in Zivil in einem Zivil-Pkw im Konvoi von 2 Jeeps mit jeweils 4 Soldaten ohne Halt durch die Kontrolle am KPP Friedrichstraße. Derweil standen an der Grenzlinie vier Panzer der US-Armee.

150 Meter hinter der Grenze auf DDR-Gebiet fuhr einer unserer SPW auf die Straße und stellte sich quer. Der US-Konvoi musste daraufhin wenden und fuhr nach Westberlin zurück.

Das war Anfang September 1961. Alles geschah unter den Augen der internationalen Öffentlichkeit. Meist waren 60 bis 80 Journalisten, Bildreporter und Fernsehleute anwesend.. Seit dem 23. August 1961 hatten ich und weitere Offiziere täglich 2-3 Stunden harte Diskussionen und Auseinandersetzungen mit US-Offizieren, um ihnen klarzumachen, dass unsere Maßnahmen zur Grenzsicherung und zum grenzüberschreitenden Verkehr zu respektieren sind. 

Eine deutliche sichtbare Markierung der Grenze an den Kontrollpassierpunkten wurde immer dringender. Wir stellten diesbezügliche Forderungen an den Polizeipräsidenten von Berlin(0st) und an die Abteilung Sicherheit des ZK der SED. Nach neun Tagen erhielt ich den Befehl, die Grenzmarkierung am KPP Friedrichstraße in der Nacht vom 6. zum 7. September 1961 vorzunehmen. Diese Linie hatte Bestand und wurde dann in den folgenden Nächten auch an den anderen Kontrollpassierpunkten der Hauptstadt der DDR gezogen.

Jede Grenzprovokation wurde nun auf jedem Fotodokument deutlicher sichtbar. Die Zwischenfälle ließen nach.

Mit dem erneuten Eintreffen von US-General Lucius Clay - einem Scharfmacher ohnegleichen - verschärfte sich die Lage erneut. Clay erklärte sich nicht einverstanden, dass die Besatzungstruppen in Westberlin - sprich NATO-Truppen - unsere Festlegungen zum grenzüberschreitenden Verkehr akzeptierten, was mittlerweile nämlich Praxis geworden war.

Er schickte den Chef der US-Militärpolizei in Zivil angeblich zu einem Theaterbesuch in die Ostberliner Staatsoper. Der Chef der MP fuhr in Zivil mit einem zivilen Pkw, der zu kontrollieren war. Diese wurde verweigert - also fuhr er zurück nach Westberlin.

Das war der Auslöser für die Panzerkonfrontation Ende Oktober/Anfang November 1961, die von langer Hand vorbereitet war.

Diese Provokation barg große Risiken in sich. Am 26. Oktober 1961 fuhren am KPP Friederichstrasse demonstrativ, sich sehr aggressiv in Szene setzend, insgesamt 10 US-Panzer auf. Die Aktion mit dem Konvoi wiederholte sich.

Dieser fuhr zuerst bis zur Straße Unter den Linden, das waren rund 1 000 Meter weit im Territorium der DDR. Später fuhr der Konvoi auch noch ein Stück die Linden entlang. Es waren drei Jeeps und 12 US-Soldaten mit MPI und aufgepflanztem Bajonett als Eskorte. Gleichzeitig wurden in den Zufahrtstraßen zur Staatsgrenze im Abschnitt Wilhelmstraße / Lindenstraße Infanterie mit Panzerabwehrwaffen der US-Streitkräfte in Stellung gebracht.

Zeitgleich erfolgte der verstärkte Einsatz von US-Hubschraubern in diesem Abschnitt unter Einbeziehung des Stadtzentrums der Hauptstadt der DDR in die Provokation. 

Der sowjetische Stadtkommandant protestierte energisch gegen diesen unerhörten, frechen militärischen Gewaltakt. Er qualifizierte das als aggressive Handlung gegen die DDR ein und forderte die sofortige Einstellung des provozierenden Handelns seitens der US-Amerikaner. Die US-Seite provozierte aber weiter. 

Sowjetische Panzer beendeten am 27.Oktober 1961 die Panzerprovokation der US-Armee. 6-8 sowjetische Panzer standen in der Friedrichstraße hinter der Staatsgrenze. Ein Bataillon Panzer der Sowjetarmee standen im Lindentunnel als Reserve. 

In diesen Tagen äußerte der notorische Kommunistenhasser Clay, "Berlin ist ein Krieg wert"!

Kennedy wollte die unselige Konfrontation beenden, ohne sein Gesicht zu verlieren. Auf inoffiziellen Wegen bat er Chruschtschow, als erster die Panzer zurückzuziehen. Am 28.Okober 1961 positionierten sich die sowjetischen Panzer an der Französischen Straße, während sich die US-Panzer bis an die Kochstraße zurückzogen. Die sowjetischen Panzer verblieben bis zum 10. November in der Stadt. 

Clay wurde in die USA zurückbeordert. Eine unkontrollierte Einfahrt von Zivilisten in Zivilfahrzeugen wurde nicht erreicht. Jahre später zeigte auch der damalige US-Vizepräsident Nixon seinen Pass."

In einem Bericht von Siegfried Dietrich heißt es: "Genau zehn Uhr zehn beginnt die eigentliche Provokation, in deren Licht alles was bisher geschah, verblasst. In einem Erkerfenster bringen US-Soldaten ein schweres MG in Stellung und richten es auf unsere Grenzposten. Zur gleichen Zeit nähert sich vom `Checkpoint Charlie` her ein SPW auf Gleisketten. Genau am weißen Strich hält er an. Drohend weisen die Läufe seiner Maschinenwaffen zur Grenzübergangsstelle der DDR. An dem SPW vorbei schiebt sich langsam ein Konvoi: die Schnellfeuergewehre im Anschlag, fahren vorn und hinten in offenen Kübelwagen amerikanische Infanteristen, in der Mitte befinden sich einige Fahrzeuge, in denen Zivilpersonen sitzen.

Die Provokateure scheinen sich in ihrer befohlenen Rolle nicht ganz wohl zu fühlen, sie können es nicht ganz verbergen, dass sie Angst haben, auch wenn sie so grimmig dreinblicken. Das ist erklärlich, letzthin halten nicht nur sie scharf geladene Waffen in den Händen, und keiner von ihnen weiß, wie unsere Grenzer auf die Gewaltandrohung reagieren werden. 

Die Initiatoren dieser schweren Grenzprovokation sehen sich bitter enttäuscht, es kommt nicht zu dem bewaffneten Konflikt, den sie sich 
erhofften.

Unsere Grenzposten halten Disziplin und befolgen genau ihre Befehle, deren wichtigster lautet: Den klaren Verstand behalten, nicht provozieren lassen, aber jeden Anschlag auf die Sicherheit der DDR entschieden zurückweisen!

Diese Provokation rechtfertigt keinen Grenzkonflikt. Hauptmann Heinz Schäfer, wie viele seiner Genossen ist er seit 48 Stunden kaum aus den Stiefeln und noch weniger zum Schlafen gekommen. Sein Platz ist in diesen Tagen, die über Krieg oder Frieden entscheiden können, am Brennpunkt des Geschehens, an der Grenzübergangsstelle Friedrichstraße. So auch heute, an jenem denkwürdigen 26.Oktober 1961. 

Vor einer halben Stunde hatten sich die US-Panzer wieder einmal zurückgezogen. Es geht auf sechzehn Uhr dreißig. Nur drei Häuser weiter flattert an einem Fahnenmast das Sternenbanner: `Checkpoint Charlie`. Das Dröhnen von Panzermotoren und das Klirren von Gleiskletten lassen Heinz Schäfer aufhorchen. `Da kommen sie wieder!` ruft er den beiden Genossen zu, die neben ihn stehen, und erblickt auch schon die zwei M 48, die mit unwahrscheinlich hoher Geschwindigkeit auf die Staatsgrenze zurollen. 

`Stehen bleiben, keinen Zentimeter zurück!` Unbewusst beherrscht dieser Gedanke die drei Grenzsoldaten. Heinz Schäfer sagt später, er habe in diesen Sekunden gar nichts gedacht, er habe nur gewusst, dass er nicht von der Stelle weichen dürfe. Zehn Meter, fünf Meter, bis zur Staatsgrenze und noch immer machen die Panzer keine Anstalten anzuhalten. es hat den Anschein, als wollten sie die drei Grenzsoldaten und alles , was hinter ihnen steht, überrollen.

Hauptmann Schäfer und seine Genossen aber stehen, als seien sie Standbilder, kein Muskel zuckt in ihrem Gesicht, nichts verrät die Belastung, der sie in diesen Augenblicken ausgesetzt sind.

Zum Beiseitespringen wäre es jetzt bereits zu spät. Da kreischen die Gleisketten, durch die Panzer geht ein Ruck, Funken stieben auf dem Pflaster. - Die M 48 stehen. Leicht schwankt dicht vor Heinz Schäfer die Mündung der Panzerkanone des rechten Panzers. Die beiden M 48 bleiben die Nacht über stehen.

Unsere Grenzer lassen sich davon nicht einschüchtern. Die Provokation ist gescheitert: sie zerbrach an unseren Grenzsoldaten." 

Immer wieder bis zum Jahr 1990 provozierten die Besatzungstruppen Westberlins an unserer Staatsgrenze. 1962 unterstützten US-Soldaten in der Stallschreiberstraße einen Grenzdurchbruch durch aktiven Feuerschutz. 

Diese US-Soldaten erhielten dafür Auszeichnungen.

Ständige Provokationspunkte für die US-Soldaten waren die Enklave Steinstücken und für die Briten die Enklave Eiskeller. 

Nach dem Mord an den Grenzsoldaten Reinhold Huhn 1962 beseitigten US-Militärs die Mordwaffe und der Mörder Müller wurde mit einer US-Militärmaschine aus Westberlin ausgeflogen und in einem US-Militärcamp in der BRD einem Aussagetraining unterzogen. 

Von 1962 bis 1986 provozierten mehrfach britische Panzer am Brandenburger Tor. Dabei wurden Ziele in der Hauptstadt der DDR anvisiert. 

Noch 1990 traten US-Soldaten herausfordernd und die Lage sondierend auf. Obwohl es vertraglich nicht gestattet war, dass NATO-Soldaten sich auf dem Gebiet der DDR aufhalten durften, schlichen US-amerikanische Spähtrupps kriegsmäßig ausgerüstet und bewaffnet, mit geschwärzten Gesichtern durch den Ort Kleinmachnow am Rande von Westberlin.

Dieses Handeln auf dem Territorium der DDR war illegal und verstieß gegen abgeschlossene Verträge. Das geschah im Frühjahr 1990.

Der Autor war Augenzeuge. Sie konnten es eben nicht lassen. Die Frage nach dem "NATO-Brückenkopf Westberlin" - dieses Schlagwort wurde von westlichen Politikern und Medien formuliert - ist wohl eindeutig beantwortet.

Die höchst verantwortungslose Politik am Rande eines kriegerischen Konflikts, wenn nicht gar eines atomaren Krieges der NATO gegen die Staaten des Warschauer Vertrages prägte von Anfang an das Handeln der drei NATO-Mächte in Westberlin.

Das alles zeigt, Westberlin war nach den Plänen der NATO als Stützpunkt und Hebel imperialer Expansionspolitik auserkoren. Es sollte auch als Basis der ideologischen Diversion gegen die DDR erhalten bleiben.

Erinnert sei hier nur an die Slogans, "Westberlin billigste Atombombe", Westberlin Pfahl im Fleisch der DDR", Als Schaufenster der westlichen Welt, mit den Sendern RIAS und Freies Berlin wirkte es rund um die Uhr politisch und vor allem ideologisch auf die DDR ein. Auch einmal davon abgesehen, dass Westberlin ein wahrer Tummelplatz dutzender Geheimdienste und anderer dubioser reaktionärer und DDR-feindlicher Organisationen war, hatten die bewaffneten Kräfte, vor allem die Besatzungstruppen der NATO-Mächte als auch der Westberliner Polizeikräfte, dabei die Aufgabe, diese aggressive Politik gegenüber dem Sozialismus militärisch abzusichern. 

Die NATO-Führung nutzte dabei die geographisch günstige Lage Westberlins aus. darum verkündete der amerikanische Außenminister Kissinger vor dem Westberliner Abgeordnetenhaus: "Die Stärke unserer Verpflichtungen gegenüber dieser Stadt...erwächst in erster Linie aus unserem Verständnis, unseren eigenen objektiven Interessen ... Die Sicherheit Westberlins 
bleibt ein lebenswichtiges Interesse der Vereinigten Staaten.".(Frankfurter Rundschau, 22. Mai 1975)

1966 - britischer Generalmajor Strickland: "Es hätte leicht einen dritten Weltkrieg geben können." NATO-Provokation auf der Elbe

Im Sonderdruck Heft 3 "Geschichten*Gedanken*Erinnerungen*Episoden" der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung e.V. wird über eine der gefährlichsten Grenzprovokationen gegen die DDR berichtet. 

Oberstleutnant a.D. Horst Hallmann schreibt in seiner Anmerkung: "Im Dorfmuseum der Dorfrepublik Rüterberg findet man eine Aufzeichnung, die den dem Zeitgeist entsprechenden Titel `Die hässliche Grenze` trägt.

Darin wird die . .. geschilderte schwere Grenzprovokation am 18. Oktober 1966 vorwiegend aus der Sicht des englischen Publizisten Davon Shears beschrieben. Nachdem sich die Politiker in Bonn unter sich und mit der Generalität der Britischen Rheinarmee darüber einig geworden waren, dass die Provokation in Szene gesetzt werden sollte - (offensichtlich war das gesamte Szenario mit den maßgeblichen NATO-Stäben abgesprochen worden und ein bundesdeutscher/britischer Alleingang war eher unwahrscheinlich) - heißt es dann in der vorliegenden Aufzeichnung wörtlich: `General Müller (Kommandeur des BGS) fiel die Aufgabe zu, einen taktischen Plan auszuarbeiten. Sie schien die Kenntnisse eines Marineoffiziers eher als die eines ehemaligen Panzerkommandeurs zu erfordern.

Aber der General sagte später, dass seine Erfahrungen in den Panzerschlachten in Nordafrika ihm dabei zugute gekommen seien... Die Erfolgschancen beruhten darauf, eine gewaltige Konfusion in der feindlichen Linie hervorzurufen.` Da sich die Besatzung des Peilschiffes `Kugelbake` offensichtlich diesen abenteuerlichen Plänen (auf der Elbe) verweigerte und streikte, heißt es dazu in den Aufzeichnungen weiter: 
`Das Problem mit der streikenden Mannschaft der Kugelbake wurde schnell gelöst:

General Müller ersetzte einfach die Mannschaft vom Oberdeck und vom Maschinenraum von seiner Küstenwache an der Ostsee. Er (der Plan) sah zwei Phasen vor:

In der ersten Phase sollte sich die 36 Tonnen schwere Kugelbake, geleitet von zwei westdeutschen Patrouillenbooten, der blockierenden Reihe aus NVA-Booten zweimal nähern und - wenn nötig - jedes Mal wieder umkehren.

Bei Phase zwei sollte mit Gewalt ein Weg freigemacht werden ... General Müller war am 17. Oktober, dem Vorabend des Zwischenfalls, zu einer stundenlangen Besprechung bei dem damaligen Innenminister Lücke, dem der Bundesgrenzschutz unterstand. Sie trafen sich seltsamerweise nicht in Bonn, sondern in den geheimen unterirdischen Bunker in der Eifel, der als Nothauptquartier für den Ernstfall gebaut 
wurde. Denn der Zwischenfall von Gorleben fiel zufällig mit der sogenannten NATO-Übung`Fallex` zusammen, während der die meisten hohen Bonner Beamten in den bombensicheren Unterschlupf gekommen waren...

Ganz aktuell wird gerade viel über Feindbilder geredet und geschrieben und nach offizieller Lesart gebetsmühlenartig behauptet: Ein Feindbild hatte nur die Nationale Volksarmee der DDR. Den Soldaten der Bundeswehr und auch des BGS wurde ein solches nie vermittelt. 

Hier können wir nun aber lesen: General Müller hatte nicht nur ein Feindbild, er befand sich offensichtlich gedanklich schon im Kriege. Bei der Erarbeitung des Planes zu dieser großangelegten Provokation fiel ihm nichts anderes ein, als seine Erfahrungen, die er beim Einfall der faschistischen deutschen Armee in Nordafrika gesammelt hatte, nun zu nutzen. In den handelnden Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren der Grenztruppen der DDR sah dieser General nichts als seine Feinde. In seinem Plan gab es sowohl feindliche Linien wie auch feindliche Boote."

Von der Position der Politik der Stärke aus wurde damals von der NATO-Seite eine Situation heraufbeschworen, die bis ins Unbeherrschbare eskalieren konnte.

Oder, wie es nach den vorliegenden Aufzeichnungen der britische NATO-General Strickland später sagte: "Es hätte leicht einen dritten Weltkrieg geben können." 
Oberst a. D. Reinhard Popp gibt dazu zu Protokoll: Zu diesem Zeitpunkt war ich amtierender Kommandeur des Grenzregiments Grabow. Ich nahm direkt an den Aktivitäten der Abwehrhandlungen der Grenztruppen auf der Elbe teil. Es begann mit den Handlungen auf der Elbe zur Verwirklichung der im Juli 1966 zwischen der DDR und der BRD festgelegten Maßnahmen für die Peilarbeiten auf der Elbe. Darüber war ich vom vorgesetzten Stab in Kenntnis gesetzt worden. Unsere Aufgabe bestand darin, die Tätigkeit der Peilboote zu beobachten und Abweichungen sofort zu melden. Wie in der Vereinbarung vorgesehen, begannen am 6. Oktober 1966 beide Seiten mit den Peilarbeiten auf der Elbe: Die `Kugelbake` der BRD aus Richtung Lauenburg und das DDR-Peilschiff `Lenzen` aus Richtung Schnackenburg. 

Am 6.Oktober behinderte das westdeutsche Zollboot `Lüneburg`, auf dem sich auch ein Offizier des Zollgrenzdienstes und ein Offizier der Britischen Rheinamree/NATO befanden, die Peilarbeiten unseres DDR-Bootes `Lenzen`. Das meldete mir der Kommandeur des Grenzbataillons Lenzen. Ich meldete das sofort an den Kommandeur der Grenzbrigade Perleberg weiter. Daraufhin erhielt ich den Befehl, mich mit Nachrichtenkräften zum Ereignisort zu begeben, eine Draht- und Funkverbindung zum Stab der Brigade direkt herzustellen, die neue Lage aufzuklären und zu melden. Unsere Aufgabe bestand weiter darin, alles zu versuchen, dass die Kräfte des Wasserstraßenamtes Wittenberge die Querpeilungen weiter durchführen können. 
Unsere wieder aufgenommene Querpeilung behinderte das Zollboot weiterhin.
Ich erhielt nun den Befehl, die Peilarbeiten der westdeutschen `Kugelbake` zu beenden. Dafür setzte ich ein Boot unserer Bootsgruppe Dömitz ein. Das westdeutsche Schiff brach die Arbeiten ab und verbrachte zwei bis drei Tage im Hafen von Damnatz. Danach fuhr die `Kugelbake` elbaufwärts, eskortiert von Zollbooten, und machte im Hafen von Gorleben fest." Von dort aus unternahm dann die `Kugelbake` bis zum 16. Oktober Provokationsfahrten - gesichert durch BRD-Zollboote und durch gepanzerte Fahrzeuge des BGS und der britischen Rheinarmee von Land aus - bis zum Hafen Schnackenburg.

Unsere Grenzboote begleiteten das BRD-Peilschiff, beobachtete dessen Handlungen und ließen keinerlei Grenzverletzungen zu.

Der zur Aufklärung zugeteilte Hubschrauber vom Typ Mi-4 mit dem Hubschrauber-führer Oberleutnant Kratzer war eine große Hilfe. Er klärte 
ständig die Lage im Hafen von Gorleben auf. Ein eingesetzter englisch sprechender Funker mit dem FuG R-109 hörte den Funkverkehr der britischen Kräfte ab. Dadurch war die DDR-Seite über die Handlungen der `Kugelbake`, des Zolls, des BGS und der britischen Soldaten ständig informiert. 

Die Grenzprovokation steigerte sich am 18. Oktober. Oberst a. D. Popp: "Im Verlaufe von zwei Tagen wurden im Hafen Gorleben weitere Zollboote, Pontonboote mit Außenbordmotoren des BGS, weitere Kräfte des BGS sowie Hubschrauber konzentriert. Durch unsere Beobachtungen und Funkaufklärung stellten wir intensive Vorbreitungen von möglichen provokatorischen Handlungen im Abschnitt Gorleben fest.

Zur Sicherung der eingesetzten Bootskräfte auf der Elbe, zur Hilfe und Unterstützung bei eventuellen Vorkommnissen, wurde eine Ausbildungskompanie des Ausbildungsbataillons Dömitz im Handlungsabschnitt Wootz - gegenüber dem Hafen Gorleben - eingesetzt. Dieser Einsatz erfolgte gedeckt, so dass eine Aufklärung durch die Gegenseite nicht erfolgen konnte. Alle Bootsbesatzungen der Bootsgruppe Dömitz wurden konkret über das persönliche Verhalten und Handeln eingewiesen.

Dabei spielte die Nichtanwendung der Schusswaffe eine wichtige Rolle.

Die Waffen der Bootsbesatzungen wurden in der Kajüte der Grenzboote gelagert, aber bei Erfordernissen war der Zugriff gewährleistet. Bewaffnet mit einer Pistole waren Kapitänleutnant Winkler und ich. 

Am 18.Oktober 1966 nachmittags erreichte die Provokation ihren Höhepunkt. Vormittags wurden an der `Kugelbake` umfangreiche Vorbreitungsarbeiten beobachtet. Vom Führungsstab des BGS-Generals Müller wurde ein Telefonkabel zum Elbufer verlegt. Eine Filmkamera wurde am Ufer aufgebaut. 

Die Fahrzeuge, die an dieser Filmkamera beobachtet wurden, trugen die Aufschriften `Springer`,`Bild`, `Hör zu`.

Gegen Mittag beobachteten wir eine Gruppe bei der Rekognoszierung. Am westlichen Ufer gingen Panzerspähwagen `Ferret` und `Saladin` vom BGS und der Rheinarmee in Stellung. Sie richteten ihre Kanonen und Maschinengewehre auf unsere Grenzsoldaten und Boote. 
Den weiteren Verlauf dieser Provokation schildert Oberst a. D. Dr. Karl Horn im Heft 4 der "Beiträge zur Geschichte der Grenztruppen": 

"14.27 Uhr. Am Unterlauf der Elbe steuern zwei Konvois Wasserfahrzeuge aufeinander zu. Der eine naht aus Richtung Dömitz, der andere hat gerade den Hafen Gorleben verlassen. Kurze Zeit später begegnen sie sich. Die aus Richtung Dömitz kommenden Boote der Grenztruppen formieren sich zur Kiellinie.

Auf Gegenkurs das westdeutsche Peilschiff `Kugelbake`, flankiert von Booten des Zollgrenzdienstes. Drei BGS-Hubschrauber vom Typ `Aliouette` jagen im Tiefflug über die Bootseinheit der Grenztruppen hinweg. Mit dem Luftdruck ihrer Rotoren versuchen sie, die Grenzboote zum Kentern zu bringen.

Ihren Attacken begegnet eine Mi-4 mit dem Hoheitszeichen der DDR. Während dessen überfliegen zwei Hubschrauber der Britischen Rheinarmee `Whirlwind` den Ort der Provokation, die Seitentüren geöffnet, die schussbereiten Maschinengewehre auf die Grenzsoldaten gerichtet.

Wenige Minuten später erreicht eine zweite Angriffswelle, bestehend aus sechs Zollbooten, drei Sturmbooten und zwei selbstfahrenden Pontons des BGS den Raum der Auseinandersetzung. Zusammen mit der `Kugelbake` dringen sie gewaltsam in die Sperrlinie ein und versuchen die Grenzsicherungsboote der Bootsgruppe zu rammen. Die am BRD-Ufer in Stellung gegangenen SPW `Wowag` des BGS und die britischen richten ihre Maschinengewehre und Kanonen auf die Grenzer. Verbindungsoffiziere der britischen Armee, die sich auf Schiffen und Booten der BRD aufhalten, fordern über Megaphon, den Weg für die `Kugelbake` freizugeben. Vergeblich. Mit geschickten Manövern weichen die Grenztruppen den Rammversuchen aus und schließen immer wieder die Kiellinie.

Mit Mut und Geschick wehren die Angehörigen der Bootseinheit Dömitz unter Führung von Kapitänleutnant Jansen alle Angriffe ab. Sie lassen sich nicht zu unbedachtem Handeln provozieren, sondern zwingen die Angreifer zum Abdrehen.

Eine Grenzrevision an der Elbe bleibt an diesem Tage und für alle Zukunft aus." Am 21.Oktober verließ die "Kugelbake" den Grenzabschnitt in Richtung Lauenburg.

Das Ziel der Provokation war gescheitert. 

Bereits am 17. Juli 1966 schrieb die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ... "der DDR müsse nachhaltig klargemacht werden, wer auf der Elbe die Hoheitsrechte ausüben könne und wer nicht".

Es tauchen dazu Fragen auf: Warum erfolgte die Grenzprovokation auf der Elbe während des NATO-Manövers "Fallex" ? Spielte das Elbszenario dabei eine Rolle? Die Gefahr der Eskalation war bei solche aggressiven Handlungen an der sensiblen Scheidelinie zwischen Warschauer Vertrag und NATO immer gegeben, bis hin zur Auslösung eines weltweiten atomaren Krieges.

Meinte das die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" als sie schrieb "... der DDR müsse nachhaltig klargemacht werden, auch um den Preis eines kriegerischen Konflikts?"

Noch zwei internationale Pressestimmen dazu: "Morning Star", Großbritannien: "Die britischen Truppen in Westdeutschland wurden in einen der gefährlichsten Zwischenfälle der letzten Jahre hineingezogen.

Diese Aktion dient offensichtlich den Interessen der aggressivsten Kreise der Bonner Regierung." Und die Britische Nachrichtenagentur "Reuter" verwies auf die in der Erklärung des DDR-Außenministeriums getroffene Feststellung, dass Bonn die Britische Rheinarmee für die gewaltsame Revision der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten auszunutzen gedenke.

Zum Schluss kann konstatiert werden:

Von 1949 an traten Kräfte der NATO, seien es US-Soldaten oder Angehörige der Britischen Rheinarmee oder auch die als "NATO-Späher im Vorfeld" eingesetzten Angehörigen des BGS an der Grenze zur DDR auf. Sie zeigten sich dabei aggressiv, provokatorisch und anmaßend.

Mit Fug und Recht kann hier gesagt werden, sie traten als Feinde uf. Den Grenzsoldaten der DDR stand ein erfahrener und verschlagener Feind gegenüber. Einer, der viele Gesichter hatte. Der harmlos-jovial dem Kameraden auf der anderen Seite einen Gruß hinübe rief, ein anderes mal ihn unflätig beschimpfte oder mit lauerndem Grinsen versuchte, ihn zum Verrat zu verleiten.

 
Die Grenztruppen der DDR trugen ihren Teil zur Sicherung des Friedens in Europa bei.