Durchführungsverordnung

 

zum Gesetz über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik

 

(Grenzverordnung)

 

vom 25. März 1982

 

 

 

Auf der Grundlage des § 40 den Grenzgesetzes vorn 25. März
1982 (GBL I, Nr.1 S 197) wird folgendes verordnet:

 

I. Abschnitt

 

Bestimmungen für die Grenzgebiete 

 

§ 1


Grenzgebiete


(1) Die Grenzgebiete gemäß § 8 des Grenzgesetzes bestehen


a) zur Bundesrepublik Deutschland aus dem Schutzstreifen und der Sperrzone 


b) entlang eines Teils der Küste aus einem Schutzstreifen und entlang der gesamten Küste aus der Grenzzone 

c) zu Berlin (West) aus dem Schutzstreifen.

 

(2) Der Verlauf und die Tiefe der im Abs. 1 genannten Grenzgebiete werden durch den Minister für Nationale 
Verteidigung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei bestimmt.

(3) In den Grenzgebieten an der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik zur Volksrepublik Polen und zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik bestehen keine Schutzstreifen, Sperr- oder Grenzzonen sowie keine besonderen Melde-, Registrier-, Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen. In diesen Grenzgebieten können die Angehörigen der Grenztruppen der Deutschen Demokratischen Republik (nachstehend Grenztruppeder DDR genannt) und die freiwilligen Helfer der Grenztruppen der DDR die ihnen im Grenzgesetz übertragenen Befugnisse bis in eine Tiefe von ca. 5 km wahrnehmen.

(4) Ergibt sich aus zwingenden Gründen die Notwendigkeit der Veränderung des Verlaufes oder der Tiefe der genannten Grenzgebiete, sind diese vom zuständigen Vorsitzenden des Rates des Bezirkes über den zuständigen Kommandeur der Grenztruppen der DDR beim Minister für Nationale Verteidigung zu beantragen.

 

§ 2

 

Einreise und Aufenthalt

 

(1) Die Einreise in den Schutzstreifen bzw. in die Sperrzone und der Aufenthalt darin sind nur mit einer Erlaubnis gestattet.

(2) Zur Einreise in den Schutzstreifen bzw. in die Sperrzone sind die für den Verkehr freigegebenen ZU- und Durchfahrtsstraßen oder – wege zu benutzen und die Reiseziele einzuhalten.

 

§ 3

 

Wohnsitznahme

(1) Zur Wohnsitznahme im Schutzstreifen oder in der Sperrzone ist eine Zuzugsgenehmigung erforderlich. 

(2) Anträge zur Erteilung einer Zuzugsgenehmigung sind bei dem für den künftigen Wohnsitz zuständigen Rat der Stadt, des Stadtbezirkes oder der Gemeinde schriftlich zu stellen.

 

§ 4

 

Zelten und Übernachten

(1) Das Zelten und das Übernachten in Kraftfahrzeugen, Wohn- und Campingwagen im Schutzstreifen und in der Sperrzone ist grundsätzlich nicht zulässig. Arbeitskräften kann die Übernachtung im Wohnwagen innerhalb von Ortschaften der Sperrzone durch den Leiter des zuständigen Volkspolizei-Kreisamtes gestattet werden. 

(2) In der Grenzzone ist das Zelten und das Aufstellen von Wohn- und Campingwagen nur auf den durch den Rat des Bezirkes Rostock festgelegten Plätzen und nur den Bürgern gestattet, die im Besitz einer gültigen Zelterlaubnis (Zeltschein) sind. 

(3) In der Grenzzone dürfen Zimmer oder Schlafstellen an Feriengäste nur überlassen werden, wenn die Erlaubnis des zuständigen Rates der Stadt bzw. der Gemeinde vorliegt.

 

§ 5

 

Öffentliche Einrichtungen

 

Über die Erteilung der Erlaubnis zur Eröffnung von öffentlichen Einrichtungen, Erholungsheimen und Ferienlagern im Schutzstreifen entscheidet der Vorsitzende des Rates des Kreises bzw. Stadtbezirkes nach Zustimmung des zuständigen Kommandeurs der Grenztruppen der DDR..

 

§ 6

 

Neu- und Erweiterungsbauten

(1) Die Errichtung und Erweiterung von Bauten, Anlagen und Einrichtungen im Grenzgebiet ist zulässig, wenn dadurch die Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt wird. 

(2) Standortbestätigungen bzw. –genehmigungen für Bauinvestitionen sowie Zustimmungen für Baumaßnahmen der Bevölkerung im Schutzstreifen, in der Sperrzone oder unmittelbar an der offenen Küste erteilt der Vorsitzende des zuständigen Rates des Bezirkes ; für Bauinvestitionen und für Baumaßnahmen der Bevölkerung im Schutzstreifen nach Zustimmung des zuständigen Kommandeurs der Grenztruppen der DDR. Die Einholung von Stellungnahmen nach anderen Rechtsvorschriften wird davon nicht berührt.

 

§ 7

 

Volkswirtschaftliche Arbeiten

 

(1) Die Durchführung von Arbeiten sowie die Wartung und Instandhaltung von Anlagen und Einrichtungen ist, sofern in völkerrechtlichen Verträgen oder Rechtsvorschriften nichts anderes festgelegt ist, nur bis zur Staatsgrenze zulässig.

(2) Feld-, Wald- und andere volkswirtschaftlichen Arbeiten im Schutzstreifen sind erlaubnispflichtig. 

(3) Die Leiter der land- und forstwirtschaftlichen und anderen Betriebe sowie die Vorsitzenden der Genossenschaften sind dafür verantwortlich, dass in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Sicherheit und Ordnung an der Staatsgrenze die Arbeiten im Schutzstreifen langfristig geplant und so vorbereitet werden, dass ihre komplexe und zügige Durchführung gesichert und die bestmögliche Nutzung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen gewährleistet ist.

 

§ 8

 

Arbeitsordnungen

 

(1) Die Leiter von Betrieben und Einrichtungen sowie die Vorsitzenden der Genossenschaften, die im Schutzstreifen, der Sperrzone oder unmittelbar an der offenen Küste Arbeitskräfte einsetzen, haben in den Arbeitsordnungen Maßnahmen zur Durchsetzung der Ordnung in den Grenzgebieten festzulegen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Sie haben dazu mit den Schutz- und Sicherheitsorganen zusammenzuarbeiten. 

(2) Die im Abs. 1 genannten Leiter haben die in den Grenzgebieten eingesetzten beschäftigten halbjährlich und bei Neueinstellungen vor der Arbeitsaufnahme über die Ordnung in diesen Gebieten zu belehren.

 

§ 9

 

Übergabe von Grundstücken

 

Grundstücke, die nicht mehr für Maßnahmen zum Schutz der Staatsgrenze benötigt werden, sind an die Rechtsträger, Eigentümer oder sonstige Nutzer zu übergeben. Sofern sich diese Grundstücke in Rechtsträgerschaft der Schutz- und Sicherheitsorgane befinden, hat die Übergabe an den zuständigen Rat des Kreises zu erfolgen.

 

§ 10

 

Einrichtung von Jagdgebieten

 

Im Schutzstreifen sind keine Jagdgebiete einzurichten. Die Bedingungen für den Wildabschuß legt der Minister für Nationale Verteidigung fest.

 

§ 11

 

Sorgfaltspflicht

 

Rechtsträger, Eigentümer oder sonstige Nutzer von Grundstücken im Grenzgebiet sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass keine Sachen über die Staatsgrenze auf das Hoheitsgebiet eines benachbarten Staates gelangen können. Tiere sind so zu halten, dass ein Überlaufen über die Staatsgrenze verhindert wird.

 

 

II. Abschnitt

 

Grenzmarkierung

 

§ 12

 

Vermessen, Markierung und Dokumentation der Staatsgrenze

 

(1) Für die Erhaltung des Verlaufes und der Markierung der Staatsgrenze ist der Minister für nationale Verteidigung verantwortlich. 

(2) Die personelle, materielle und finanzielle Sicherstellung der Vermessungs-, Markierungs- und Dokumentationsarbeiten obliegt: 

a) dem Ministerium des Innern für die Landesgrenze

b) dem Seehydrographischen Dienst der Deutschen Demokratischen Republik für die Seegrenze und die Staatsgrenze auf bestimmten Grenzgewässern. 

(3) Die Herstellung der Grenzzeichen sowie deren Transport zu bestimmten Orten an der Staatsgrenze sind, mit Ausnahme der schwimmenden Hilfsgrenzzeichen für die Seegewässer und bestimmte Grenzgewässer , durch die zuständigen Räte der Bezirke sicherzustellen. 

(4) Die Instandhaltung der Grenzzeichen ist zu gewährleisten:

a) durch die zuständige örtlichen Räte an der Staatsgrenze zur Volksrepublik Polen und zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, 


b) durch das Ministerium des Innern an den übrigen Abschnitten der Landesgrenze und durch den Seehydrographischen Dienst der Deutschen Demokratischen Republik an der Seegrenze und auf 
bestimmten Grenzgewässern.

Bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung sind die Festlegungen der entsprechenden völkerrechtlichen Verträge zu berücksichtigen. 

(5) Die Verwaltung und Laufendhaltung der Grenzdokumentation obliegt dem Ministerium des Innern.

 

§ 13

 

Schutz der Grenzzeichen

(1) Es ist untersagt, Grenzzeichen oder andere für die Kennzeichnung des Verlaufes der Staatsgrenze errichtete Zeichen zu beschädigen, zu zerstören, in der Lage zu verändern oder ohne Erlaubnis zu beseitigen. 

(2) Wird durch Baumaßnahmen an Straßen, Wegen Grenzwasserläufen oder durch andere notwendige Maßnahmen eine der im Abs. 1 genannten Zeichen gefährdet und dessen Verlegung oder zeitweilige Entfernung notwendig, haben die Leiter der bauausführenden Betriebe oder Einrichtungen einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Kommandeur der Grenztruppen der DDR zu stellen. 

(3) Werden bei der Durchführung von Arbeiten Grenzzeichen oder andere zur Kennzeichnung der Staatsgrenze errichtete Zeichen in der Lage verändert, beschädigt oder zerstört, ist darüber umgehend der zuständige Kommandeur der Grenztruppen der DDR zu informieren.

 

§ 14

 

Sichtbarkeit der Grenzzeichen

 

(1) Rechtsträger, Eigentümer oder sonstige Nutzer von Grundstücken an der Staatsgrenze der Deutschen demokratischen Republik zur Volksrepublik Polen bzw. zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik sind dafür verantwortlich, dass: 

a) entlang dem trockenen Verlauf der Staatsgrenze der Deutschen demokratischen Republik zur Volksrepublik Polen ein 5 Meter breiter Streifen und an den Ufern der Grenzwasserläufe ein 2 Meter breiter Streifen 

b) entlang dem trockenen Verlauf der Staatsgrenze der Deutschen demokratischen Republik zur Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik ein 1 Meter breiter Streifen und um jedes außerhalb der Linie der Staatsgrenze eingebrachte Grenzzeichen eine Kreisfläche mit einem Radius von 1 Meter von hohem Bewuchs freigehalten werden. Ausgenommen davon sind Pflanzungen zur Uferbefestigung sowie geschützte Bäume und Sträucher.

(2) Die Kontrolle über die Einhaltung der im Abs. 1 genannten Maßnahmen obliegt den örtlichen Räten in Zusammenarbeit mit den Kommandeuren der Grenztruppen der DDR.

 

 

III. Abschnitt

 

Verantwortung der örtlichen Staatsorgane , der Betriebe und Einrichtungen

 

§ 15

 

Verantwortung der örtlichen Staatsorgane

 

(1) Die Vorsitzenden der örtlichen Räte haben zu sichern, dass in den Grenzgebieten eine enge Zusammenarbeit mit den Grenztruppen der DDR und den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen gewährleistet wird und die gesellschaftlichen Organisationen, Vereinigungen und Bürger in die Durchsetzung der Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung einbezogen werden. 

(2) Die örtlichen Räte sind dafür verantwortlich, dass die Entwicklung des geistig-kulturellen Lebens und die weitere Verbesserung der Lebens- und Wohnbedingungen der Bürger unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung in den Grenzgebieten gewährleistet werden. 

(3) Die örtlichen Räte sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass entsprechend den Forderungen der Grenztruppen der DDR bzw. der anderen Schutz und Sicherheitsorgane 

a) der Verlauf der festgelegten Schutzstreifen und der Sperrzone sichtbar gekennzeichnet und die für den öffentlichen Verkehr nicht freigegebenen Straßen Wege gesperrt werden, 

b) die festgelegten Straßen und Wege im Schutzstreifen instandgehalten bzw. ausgebaut werden, 

c) die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung zur Rekultivierung landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie zur Unkraut- und Schädlingsbekämpfung an der Staatsgrenze durchgeführt werden.

 

§ 16

 

Informationspflicht

 

Die Leiter der staatlichen und wirtschaftlichen Organe, Kombinate, Betriebe und Einrichtungen sowie die Vorsitzenden der Genossenschaften sind, unabhängig von anderen festgelegten Meldeverfahren, verpflichtet, die nächstgelegene Dienststelle der Deutschen Volkspolizei oder der Grenztruppen der DDR über den Eintritt oder den möglichen Eintritt von Ereignissen, die offensichtlich Auswirkungen auf das Hoheitsgebiet eines benachbarten Staates haben können, zu informieren. Das trifft insbesondere: 

a) meldepflichtige übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, 

b) massenhaftes Auftreten von Pflanzen- und Waldschädlingen,

c) Brände,

d) Luft- und Gewässerverschmutzungen,

e) Hochwasser und Eisgefahren.

 

§17

 

Bekanntmachung

Die Leiter der staatlichen und wirtschaftlichen Organe, Kombinate, Betriebe und Einrichtungen sowie die Vorsitzenden der Genossenschaften und die zuständigen Kommandeure bzw. Leiter der Schutz- und Sicherheitsorgane haben die Bestimmungen über die Ordnung an der Staatsgrenze entsprechend den örtlichen Bedingungen in geeigneter Weise bekanntzumachen.

 

 

IV. Abschnitt

 

Grenzüberschreitender Verkehr

 

§18

 

Grenzübergangsstellen

 

(1) Der grenzüberschreitende Verkehr erfolgt über die in der Anlage verzeichneten Grenzübergangsstellen. 

(2) Für die Einrichtung, Unterhaltung und Ausstattung der Grenzübergangsstellen ist der Minister für Verkehrswesen verantwortlich.

 

 

V. Abschnitt

 

Schlussbestimmungen

 

§ 19

 

Folgebestimmungen

Rechtsvorschriften oder militärische bzw. innerdienstliche Bestimmungen zu dieser Verordnung erlassen die Leiter der zuständigen zentralen Staatsorgane.

 

§ 20

 

Inkrafttreten

 

Diese Verordnung trifft am 1. Mai 1982 in Kraft.

Berlin, den 25. März 1982

Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik

 

W. S t o p h

Vorsitzender